"Andalusien: Auf den Spuren der Mauren" table of contents
Winterflucht – ab in den Süden: eine Woche Andalusien, eine Woche blauer Himmel und Sonne. An der Costa del Sol am Strand faulenzen? Weit gefehlt. Es war eine Busrundreise zu den großen Sehenswürdigkeiten in Cordoba, Sevilla und Granada. Ich hatte schon geahnt, wie es kommen wird: rein in den Bus, raus aus dem Bus und wieder rein … und raus. Wecker stellen, schlafen und dasselbe von vorne. Es war klar, dass eine Städterundreise kaum Zeit zum Faulenzen lässt. Und genauso kam es dann auch. Aber es war eine tolle Reise, unglaublich eindrucksvoll, lehrreich und oft sehr witzig.
Von Frankfurt ging’s erst einmal mit dem Linienflug nach Madrid. Der Flieger war bis auf den letzten Sitz ausgebucht. In Madrid gelandet sahen wir dann, dass ein Teil der Passagiere uns auch die Woche noch begleiten würde. Nachdem die kleine Herde zusammengetrieben und in den Reisebus verfrachtet war, ging es vom Flughafen zum nahegelegenen Hotel. Zum Schlafen zu früh, blieb noch Zeit für ein Getränk an der Bar. Eine Gelegenheit, die Mitreisenden bei kurzem Smalltalk zu beschnuppern: eine bunt gemischte Truppe zwischen Ende 40 bis Anfang 80, aus Deutschland und Österreich zusammengewürfelt.
Am nächsten Morgen startete der Tross bereits um 8 Uhr bei kühlen Temperaturen, aber strahlendblauem Himmel. Unsere Reisebegleiterin Joaquina war etwa 60, klein, stämmig, mit struwweligem Kurzhaarschnitt, gebürtige wie leidenschaftliche Andalusierin, mit durchdringender Stimme, die man bei diesem Job ganz sicher auch braucht. Sie hat uns auf der Reise immer wieder mit vielen interessanten Informationen zu Land und Leuten versorgt.
Durch die La Mancha nach Córdoba
Tag 1: Per Stop-and-Go während der morgendlichen Rushhour führte der Weg auf der Autobahn raus aus Madrid. Der Straßenverkehr ist hier genauso wie bei uns. Jeder hat seine eigene Kiste unter dem Hintern, fährt damit allein zur Arbeit und reiht sich mehr oder minder geduldig in den zähfließenden Verkehr ein. Warum sollte es hier anders sein? Wenig später war die Autobahn aber deutlich weniger befahren und es ging zügig voran: durch die La Mancha nach Córdoba, vorbei an Don Quijotes Windmühlen. Natürlich erinnerte auch Joaquina beim Anblick an Cervantes legendären Helden.
In den Stunden im Bus mit Zwischenstopp für die Biopause – aha, den Ausdruck kannte ich noch nicht – erzählte uns Joaquina einiges über das Land, über Kastilien-La Mancha und vor allem über den Wein-, Oliven und Getreideanbau. Jetzt im November war alles abgeerntet und auf den Getreidefeldern standen nur noch die Stoppel. Daneben in scheinbar endlosen Reihen: unzählige Olivenbäume.
Joaquina erklärte, dass Olivenbäume entweder trocken ohne Bewässerung, oder feucht, mit gelegentlicher Wassergabe, angebaut werden. Außerdem gibt es noch den Turbo-Anbau, bei dem die Bäume ständig bewässert werden und alles andere maschinell verläuft. Bäume der Turbo-Nutzung werden nicht sehr alt, da die rabiate maschinelle Ernte den feinfühligen Wurzeln schadet. Und was das Wasser für die Landwirtschaft anbelangt: Es kommt aus Stauseen, die bislang noch Wasser enthalten. Allerdings hatte es zu diesem Zeitpunkt in Spanien seit 1,5 Jahren nicht mehr richtig geregnet. Andalusien gilt sogar bereits als trockenste Region Europas.
Mesquita – einst Moschee, heute Kathedrale
Gegen Mittag erreichten wir endlich Córdoba. Die Stadt war einst Hauptstadt eines unabhängigen Emirats und im 10. Jahrhundert die größte Stadt in Europa. Die Geschichte arabischer Herrschaft begann im Jahr 711, als die Araber die Meerenge von Gibraltar überquerten und einen großen Teil der Iberischen Halbinsel – al-Andalus – eroberten. Ihre Herrschaft dauerte bis ins 15. Jahrhundert. 1492 hatten die Spanier jedoch im Zuge der Reconquista das Land von den Mauren wieder komplett zurückerobert.
Heute steht der Name al-Andalus ebenso für eine Epoche, in der Moslems, Juden und Christen in einem weitgehend friedlichen Multikulturalismus miteinander lebten. Aus jener Zeit sind architektonische Schönheiten wie die Mesquita von Córdoba erhalten geblieben. Über den hübschen Orangenhof gelangt man ins Innere des Bauwerks. Miguel, unser Reiseführer vor Ort erklärte, dass der Glockenturm am Rande des Hofes nichts anderes als das ummauerte Minarett sei und man hinter den Öffnungen im Turm den ursprünglichen Turm in roter Farbe noch gut erkennen könne.
Die Gründungsmoschee wurde 786 bis 788 erbaut und war deutlich kleiner, als das Areal heute bemisst. In den darauffolgenden zwei Jahrhunderten wurde die Moschee weiter ausgebaut. Als Córdoba von den Spaniern wieder komplett eingenommen wurde, beeilten sich katholische Priester, Weihrauch in allen Ecken zu verteilen. Bereits 1146 wurde die Moschee in ein Gotteshaus umgewidmet und im Herzen des Gebäudes eine Kapelle eingebaut. Jüngste Überlegungen, das Gotteshaus auch wieder für Moslems zum Gebet zu öffnen, wurde von den Kirchenvätern abgelehnt.
Nach der Mesquita führte Miguel noch kurz durch einen kleinen Teil der Altstadt. Leichtes Bedauern kam auf, nicht länger verweilen zu können. Denn die kleinen Tapas-Bars sahen sehr einladend aus. Aber nein, Sevilla wartete – zumindest das Hotel, in dem wir dann die nächsten zwei Nächte Quartier bezogen. Die Fahrt dorthin wurde mit einem herrlichen Sonnenuntergang begleitet. Andalusiens rotbraune und gelbe Erde, die die sanften Hügel bedeckt, sieht faszinierend-schön aus. Bei tief stehender Sonne scheinen sich die Farben zu intensivieren und nehmen durch den Schattenwurf der Hügel unterschiedliche Nuancen an – sehr dalí-esk.