Maya: Sternenseher und Kriegervolk

Die Welt der Maya ist faszinierend. Wie hochentwickelt ihre Kultur war und wodurch sie unterging, zeigt die aktuelle Maya-Ausstellung in Speyer mit rund 250 hochwertigen, gut erhaltenen Exponaten und spannenden Installationen, die auch Kindern das Leben der Maya spielerisch näherbringen.

Die Ausstellung beginnt mit den klassischen hard facts: Fast 3.500 Jahre hatte die Hochkultur der Maya in Mittelamerika Bestand; von 1800 v.Chr.  bis 1697 n.Chr. Diese Daten markieren die ersten Nachweise von Siedlungen, die sich auf den Maisanbau verstanden und Keramik herstellten, sowie das Ende. Im ausgehenden 17. Jahrhundert wurde der letzte Maya-Stamm von den Spaniern unterworfen. Ihre Blütezeit erlebte die Maya-Kultur etwa von 600 bis 800 n.Chr. In dieser Zeit lenkten vor allem zwei Städte die Geschicke: Tikal und Calakmul. Die eindrucksvollen Ruinen von Tikal liegen im nördlichen Guatemala. Im heutigen Mexiko befinden sich die Überreste von Calakmul.

Durch die zunehmende Entschlüsselung der Hieroglyphenschrift gelingt es der Forschung mehr und mehr, Maya-Dynastien, Rituale, Kriege und Handelswege nachzuvollziehen. Die Maya verfügten über mehr als 800 Hieroglyphen. Etwa 70 Prozent davon können heute gelesen werden. Beschriftet wurden Stelen, Altäre, Türstürze, Wandtafeln und Treppen. Später stellten sie Faltbücher aus Rindenpapier her, sogenannte Codices, die jedoch größtenteils von spanischen Missionaren als Teufelswerk verbrannt wurden und damit für immer verloren gingen.

Hervorragende Sternenseher

Ebenso komplex wie die Schrift ist auch das Zahlensystem der Maya, das im Gegensatz zu unserem Dezimalsystem auf einem Zwanzigersystem basierte. Mit dem Zahlensystem wurden Kalenderdaten aufgeschrieben und berechnet, um im Alltag beispielsweise Saat- und Erntezeiten zu bestimmen. Die Maya verstanden sich hervorragend auf Astrologie. Jede Handlung wurde nach den jeweiligen Sternenkonstellationen ausgerichtet. Auch für geplante Kriege wurden die Sterne befragt.

Wahre Ingenieursleistung zeigt die Maya-Kultur mit ihren Wasserspeicher- und Bewässerungssystemen, die sie für ihre Forst- und Agrarwirtschaft entwickelten. Ihre Landwirtschaft basierte auf Brandrodung, der sogenannten „milpa“, die kurz vor der Regenzeit durchgeführt wurde, damit die Asche die Fruchtbarkeit der Kalkböden erhöhte. Brandrodung, Aussaat und Ernte verliefen nach genauen Vorgaben der Sterne, im Einklang mit dem göttlichen Kosmos.  Ein computeranimierter Film schildert eindrucksvoll den Kreislauf. Angebaut wurde neben Nahrungsmitteln wie Mais, Bohnen und Kürbis (für die Gärtner unter den Lesern: das waren schon bei den Maya günstige Pflanznachbarn (;o)) auch Baumwolle für die Kleidung.

way – der Schutzgeist

Die in der Ausstellung präsentierten Skulpturen, Stelen, Gefäße und Figurinen geben Aufschluss über die gesellschaftlichen Strukturen der Maya. Grundsätzlich verstanden sie sich als Teil ihrer Umwelt. Das Schicksal eines Menschen war eng mit seinem „way“, seinem Schutzgeist, verbunden. Der „way“ konnte ein Tier sein, wie die Figur des verstorbenen Königs zeigt (s. Foto unten), der sich einem Reh zuneigt. Ein „way“-Wesen konnte aber auch Attribute von unterschiedlichen Tieren zeigen. Auf der Abbildung eines Gefäßes war ein „Spinnenaffe mit Hirschohren“ zu sehen.

Eine besondere Stellung unter den Tieren nahm der Jaguar ein. Der Herrscher des Waldes wurde verehrt. Er hatte keine natürlichen Feinde, außer den Menschen. Eine große liegende Skulptur zu Beginn der Ausstellung berichtet über diesen Kult.

Genauso verehrt wurden Gottkönige, die das Volk regierten. Einfach hatten sie es jedoch nicht, denn sie trugen für alles Verantwortung. Waren Vorhersagen falsch, die zum Beispiel eine Missernte zur Folge hatten, dann musste er mit Repressalien, der Entmachtung oder sogar mit dem Tod rechnen. Damit ihm die Götter gut gesinnt waren, opferte er regelmäßig sein eigenes Blut. Auf Abbildungen ließen sich die Könige gern als Maisgott darstellen. Dieser zählte zu den Urgöttern und die Maya glaubten, dass sie von den Göttern aus Mais geformt wurden. Königinnen tragen im Gegenzug auf den Darstellungen Attribute der Mondgöttin, die ebenfalls als Urgottheit betrachtet wurde und wie der Maisgott für Fruchtbarkeit stand.

Hungersnöte, Kriege, das Ende

In der Blütezeit gab es einen regen Handel im Regenwald. Die Ausstellung zeichnet ein Netzwerk nach, das die Handelbeziehungen veranschaulicht: Gehandelt wurden unter anderem Honig, Baumwolle, Jade oder Obsidian. Warum also endete diese Blütezeit? Ein Film am Ende der Ausstellung – gesprochen von Robert De Niro-Synchronsprecher Christian Brückner – geht dem auf den Grund. Mit dem fortschreitenden Raubbau an der Natur, der Brandrodung, nahmen sich die Maya ihre Existenzgrundlage. Es gab Ernteausfälle und Hungersnöte. Die kriegerischen Auseinandersetzungen der beiden konkurrierenden Städte Tikal und Calakmul wurden zudem heftiger. Während zu Beginn der Kriege die Herrschenden lediglich gefangen genommen und als Vasallen in ihren eigenen Städten eingesetzt wurden, steigerte sich später zunehmend die Brutalität. Am Ende, als die Hochkultur kollabierte, gab es keine herrschende Elite mehr. Die Menschen wanderten von ihrem ursprünglichen Gebiet in andere Regionen aus, in das Hochland von Guatemala und in den Norden Yukatans. Es gab erneut eine kurze Blütezeit, bevor die spanischen Eroberer der Kultur das endgültige Ende brachten. Sie war geprägt von einer anderen politische Struktur: Es gab keinen alleinherrschenden Gottkönig mehr, sondern die Macht war auf mehrere Adlige verteilt.

Neben den fantastischen Einblicken in die Hochkultur dieser großartig zusammengestellten Ausstellung kann auch ein Fazit gezogen werden, mit dem sich das aktuelle Weltgeschehen reflektieren lässt. Denn Entwicklungsgeschichte der Maya, die in einer relativ kleinen Region unserer Erde gewirkt haben, eignet sich durchaus, Parallelen zum heutigen globalen Handeln und Wirken der Nationen dieser Welt zu ziehen: Stichwörter Raubbau an der Natur, Hungersnöte, Kriege – jedoch im großen Stil, der die Weltbevölkerung insgesamt betrifft. Erkenntnisse aus der Entwicklung alter Kulturen und ihrem Niedergang sollten uns daher vielleicht zum Denken anregen, was wir verändern sollten und können.

„MAYA – Das Rätsel der Königsstädte“ ist noch bis zum 23. April 2017 im Historischen Museum der Pfalz in Speyer zu sehen. Das Museum ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Im Eintrittspreis (14,50 Euro für Erwachsene/6,50 Kinder) ist die Leihgebühr für den Audioguide enthalten. Ebenso können mit dem Ticket die anderen Ausstellungen im Museum besucht werden. Weitere Informationen unter www.maya-ausstellung.de.