Bună ziua, România (page 3)

Sighişoara: Geburtsort von Graf Vlad III. Țepeș

Durch die verwinkelten Gassen schleusen sich Touristen aus aller Welt. Die malerische Burganlage von Sighişoara mit seinen bemerkenswerten Türmen, die von den einzelnen Zünften wie den Gerbern oder Schneidern errichtet wurden, ist seit 1999 UNESCO-Weltkulturerbe. Die historische Altstadt und die Tatsache, dass Graf Dracula – Vlad III. Țepeș, der Pfähler – hier geboren wurde, machen die Stadt zum Besuchermagnet. Im Wahrzeichen der Stadt, dem Stundturm aus dem 14. Jahrhundert,  ist ein historisches Museum untergebracht, das man Stockwerk für Stockwerk erklimmt, bis die oberste Plattform des Turms erreicht ist. Von hier aus hat man einen weiten Blick über die Stadt. Ebenfalls imposant ist der Einblick in die Mechanismen der Turmuhr, die mit ihrem außergewöhnlichen Figurenspiel die Zeit ins Land gehen lässt.

Sighişoara ist außerdem ein guter Ausgangspunkt, um die Kirchenburgen in Siebenbürgen zu erkunden. Sieben von rund 150 Kirchenburgen sind als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnet. Biertan ist eine davon. Die evangelischen Wehrkirchen entstanden vom 13. – 16. Jahrhundert zum Schutz gegen die Angriffe der Türken und Tataren. Viele dieser Bauten sind burgartig erhöht, einige haben Wehrtürme und eine Ringmauer. Ihre Gründung geht auf die Siebenbürger Sachsen zurück. Unter dieser Be-zeichnung wurden auch die zahlreichen Auswanderer aus Franken, Rhein-Mosel oder Flamen zusammenfasst. Und so erinnern zwar die Weinhänge rings um den hübschen Ort Biertan an die deutschen Weinan-baugebiete, die schmucken pastellfarbenen Häuser lassen einen eher an Österreich denken.

Herrlicher Jugendstil zum Abschluss

Nach Sighişoara führte der Weg nach Târgu Mureş (auf Deutsch: Neumarkt am Mieresch), die letzte Station unserer Reise. Mit ihren fünf Universitäten konkurriert die Stadt mit dem nördlichen Cluj-Napoca. Sie ist jedoch mit rund 150.000 Einwohnern nur halb so groß. Die Bevölkerung besteht jeweils fast zu Hälfte aus Rumänen und Ungarn. Dieser „Zwiespalt“ ist selbst für Touristen spür- und hörbar. Die beiden Sprachen bestimmen nicht nur den Alltag, sondern auch das Kulturgeschehen in  Târgu Mureş: Beispielsweise wird das Studium der Theaterwissenschaften auf Rumänisch und Ungarisch angeboten und das Nationaltheater hat zwei Ensembles in jeweils einer Sprache.

Wie alle Städte, die wir in den zwei Wochen besuchten, wurden wir auch in Târgu Mureş von außergewöhnlichen Bauwerken und tollen Kulturschätzen überrascht. Absoluter Höhepunkt war der Palatul Culturii, der Kulturpalast. Er wurde 1909 erbaut und ist von der Eingangstür über die Deckenverzierungen bis zu den Leuchten ein einzigartiges Jugendstil-Schmuckstück. Besonders prachtvoll ist der Spiegelsaal. Besucher laufen über Carrara-Mamor, an den Längsseiten des Raumes hängen venezianische Spiegel. Gekrönt wird der Glanz von 12 bunten Jugendstil-Fenstern, die regionale Mythen und Märchen illustrieren.

In direkter Nachbarschaft zum Kulturpalast steht die Präfektur. Das Gebäude mit dem 60 Meter hohen Turm wurde von denselben Architekten, Jakab Deszö und Komor Marcell, entworfen. Die Dächer der beiden Bauwerke zieren farbenfrohe Majolka-Kacheln, die in der damals größten Keramikfabrik in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie produziert wurden.

Auch bibliophile Menschen dürfen sich in Târgu Mureş auf eine echte Attraktion freuen: Die Biblioteca Teleki-Bolyai umfasst historische 230.000 Schriften. Das älteste Exemplar stammt aus dem Jahr 1475 vom italienischen Humanisten Galeotto Marzio. Die meisten befinden sich hinter Gitter. Nur wenige Bücher sind in Schaukästen ausgestellt wie Newtons „Optice“ von 1740 oder die Erstausgabe von Immanuel Kants „Kritik an der reinen Vernunft“ von 1781. Der Anblick der vielen historischen Bücher ist einfach majestätisch und ihre Unterbringung in einem schönen barocken Gebäude standesgemäß.

Ein paar Worte zum Schluss

Rumänien individuell zu bereisen, war so einfach wie in anderen südeuropäischen Ländern auch. Der Komfort in Hotels und Restaurants entspricht gewohntem Standard. Obwohl wir vor unserer Reise wenigstens die wichtigsten rumänischen Redewendungen gelernt hatten, haben wir dieses kleine Wissen nur in seltenen Fällen gebraucht. Touristen kommen ausgezeichnet mit Englisch weiter. Vorsicht sollte man bei Brunnenwasser walten lassen. Das verträgt der deutsche Magen nicht so einfach und kann zu Magen-Darm-Verstimmungen führen. Auch uns hat es für zwei Tage erwischt.

Bleibt am Ende zu sagen: „La revedere“ – auf Wiedersehen, Rumänien. Du bist ein wunderschönes Land in Europas Osten, in dem gelegentlich die Zeit still zu stehen scheint. Doch aus meiner Sicht können die Menschen dort stolz darauf sein und sich darüber freuen, dass sie es noch nicht verlernt haben, sich unabhängig von der Industrie zu versorgen. Wir kommen sicherlich noch einmal zurück, um dieses Stück Erde noch besser kennenzulernen.

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